Jubiläum: 60 Jahre Elternmitbestimmung in Hessen

Diese Woche hat der Landeselternbeirat zur Feier von 60 Jahren Elternmitbestimmung in Hessen eingeladen.
Die Begrüßung sprach unsere Geschäftsführerin Tanja Pfenning, das Grußwort Herr Kulutsminister Lorz und ich als Vorsitzender sprechen. Hier mein Grußwort zu diesem denkwürdigen Jubiläum:

60 Jahre Elternmitbestimmung in Hessen – am 13. November 1958 wurde das Gesetz über die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat in Kraft gesetzt. Genau heute vor 60 Jahren also erhielten die Eltern das Recht auf Mitsprache bei der Ausgestaltung der Bildung in unserem Land.

Damals war das Gesetz für andere Bundesländer beispielhaft für die Gestaltung des Unterrichtswesens. So erstreckt sich die elterliche Mitbestimmung eben auch auf so wichtige Teile wie die Mitsprache im Bereich der Lehrinhalte.

Gerhard Wenderoth, mein Vorgänger im Amt, sagte damals vor 40 Jahren,  zum 20 jährigen Jubiläum: „Es kann nicht bezweifelt werden, dass es eine bahnbrechende Tat war, als die verfassungsberatende Landesversammlung im Jahre 1946 beschloss, den Erziehungsberechtigen in der Verfassung in Hessen das Recht zu geben, die Gestaltung des Unterrichtswesens mitzubestimmen“

Natürlich könnte ich zu den vergangenen 60 Jahren viel berichten. Zum Beispiel, wie viel in der Zeit erreicht wurde: Mütter und Väter sind fast überall gut organisiert: An Schulen über den Schulelternbeirat, in den Städten und im Kreis durch die Stadt- und Kreiselternbeiräte und nicht zuletzt auf Landesebene durch Landeselternbeirat.

Wir reden mit, wir bestimmen mit und wir gestalten mit. Nun bin ich aber erst seit 6 Monaten der Vorsitzende des Landeselternbeirats. Ich will mich kurzhalten, denn hier im Raum gibt es viele, viele Menschen, die so viel mehr dazu erzählen könnten.

Auf das bisher erreichte können wir jedenfalls voller Stolz zurückblicken. Dennoch: Um unsere Rechte als Elternvertreter auch in Zukunft mitzubestimmen und mitzugestalten, müssen wir uns durch unsere ehrenamtliche Arbeit Tag für Tag einsetzen.

Denn: Auch heute gibt es Schulen und Schulträger, bei denen die Mitbestimmung der Eltern immer noch nicht gelebt und gewährleistet wird. So vermittele ich derzeit zwischen mehreren Schulen, ihren Trägern und den Eltern, damit die Elternrechte auch dort wahrgenommen werden können. Zum Glück ist dies mittlerweile eine Ausnahme.

Daneben fällt es den Elternvertretern immer noch schwer, verlässliche Informationen zu bekommen, wenn wir beispielsweise nach Vertretungsstunden und Unterrichtsaufall fragen.

 

Sie sehen, auch nach 60 Jahren ist und bleibt die Aufklärung ein wichtiger Teil unserer ehrenamtlichen Arbeit.

Bei allen Herausforderungen ist es aber immer wichtig, als Elternvertreter ein Brückenbauer zu sein, eben da, wo andere lieber Mauern errichten würden; die eigenen, persönlichen Interessen zurückzustellen und für das Wohl der Schülerinnen und Schüler stets konstruktiv und an der Sache orientiert Lösungen zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren,

auch wenn die Herausforderungen groß sind, unsere Chancen sind es ebenso. Hessens Eltern formulieren Ihre Erwartungen ganz deutlich: Wir wollen moderne, gut ausgestattete Schulen mit Lehrerinnen und Lehrern, die gut ausgebildet wurden und die Zeit für unsere Kinder haben. Wir erwarten aktuelle Lehrinhalte, politische Neutralität, auch in schweren Zeiten. Chancengleich für jedes Kind, unabhängig vom Vermögen, der Herkunft, dem Glauben oder dem elterlichen Bildungsgrad. Wir erwarten, dass unsere Kinder nicht nur für das Berufsleben, sondern für das Leben ausgebildet werden.

Ja, die Erwartungen sind groß. Die Eltern sind sich ihrer eigenen Verantwortung sehr bewusst und auf der anderen Seite gerne bereit, Großes zu leisten. 60 Jahre lang haben Eltern bewiesen, dass sie sich für ihre Erwartungen auch einbringen und dafür einsetzen, dass die Chancen daraus sich verwirklichen.

Im September 1975 schrieb die damalige Geschäftsführerin des Landeselternbeirats von Hessen, Susi Hübsch, dass es ein wesentliches Ziel sei, den Schülern dieses Landes eine Schule anzubieten, die bei allen Schwierigkeiten und Mängeln, die sich aus Raumnot und Lehrermangel leider ergeben haben, lebenstüchtige Menschen erzieht.

Nun haben wir nicht mehr 1975, sondern 2018 und einige Herausforderungen sind geblieben. Doch viele, viele andere wurden gemeistert. Wir haben es geschafft, dass wir uns eben nicht mehr nur um die großen Baustellen kümmern müssen wie G8 oder G9, sondern uns auch mit Detailfragen auseinandersetzen.

Ich stehe heute hier, weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir in Hessen auf dem richtigen Weg sind. Schulen, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler und Eltern gestalten heute ganz selbstverständlich gemeinsam die „Schule der Zukunft“.

All diejenigen, die als Elternvertreter oder als Mitglieder der vielen Vereine und Verbände sich für die Bildung einsetzen verdienen in meinen Augen Respekt und Anerkennung. Respekt und Anerkennung verdienen auch und ganz besonders ihre Familien, ihre Ehepartner und Ihre Kinder. Vielen Dank dafür!

Elternmitbestimmung – es ist und bleibt eine große Herausforderung und eine große Chance zugleich!

Darum soll dieses Jubiläum auch ein Anlass sein, sich bei all jenen zu bedanken, die ihre Freizeit, ihre Energie und nicht selten auch ihre Nerven für unsere Kinder und eine bessere Bildung einsetzen.

Danke für Ihre Ausdauer, Danke für Ihre Ideen, Danke für Ihre Kraft und Ihren Mut!

Und nun will ich Sie nicht weiter auf die Folter spannen und gebe die Bühne frei für das Theaterstück!